Was nochmal war Punk? Musik mit minus drei Akkorden? Ein zweiminütiger Lärm auf dem
ganzen Frequenzspektrum, durch das sich ein ebenso langer Schrei vergeblich durchzusetzen versucht? Ein bestimmter Musikstil aus den späten Siebzigern, der neuerdings als Speed-Metal-Pop
perfektioniert dargeboten wird? Oder ist Punk die Musik von Nichtmusikern? Das hat nun was.
Wie Nichtmusiker, also das Publikum, musizieren würde, wenn es dürfte, ist musikalisch
und soziologisch von grossem Belang. Und seit Ende 1976 darf nun, wer will. Hat man verstanden? Den musikalischen Freipass gibt es wirklich erst seit 1976 – nicht etwa seit 1953 (R ’n’ R),
1963 (Beatles), 1966 (Hippies), 1968 (Studentenrevolte) oder 1969 (Woodstock). Und wozu soll so ein Jekami gut sein?
Hören wir auf Byron Smith. Byron Smith (alias Prentin Mewsley Crispée) ist ein schwarzer
Erzähler, der als zweidimensionale Kunstfigur die Dinge etwas objektiver sieht. Etwa die Zürcher Punk-Geschichte der zweiten Hälfte der siebziger Jahre. Nach Berichten von Byron betrat der
berüchtigte Zürcher Punkpionier Rudi Dietrich den Hades, dies am dritten Jour de Décadi im Monat Germinal im 213ten Jahr der Republik (Zeitrechnung der Französischen Revolution, umgerechnet:
19.4.2005). Dietrich betrat den Hades bloss, indem er in sich ging. Und siehe, der Höllentrip führte den Musiker – unter peitschgnädiger Mithilfe der kahlköpfigen, ausserirdisch schönen
Madame Erzulie Jacqueline – auf den Pfad der Tugend. Je nach Ansicht auch auf den Pfad der Untugend, weil Erzulie es verstand, das schlafende Krokodil in Dietrichs Kleinhirn zu wecken. Das
Erwachen von wilden Reflexen pustete den Musiker in seine eigene Vergangenheit zurück. Er entdeckte eigene Wahlsprüche wieder, etwa seine harte Definition von Terror: «Terror ist prompt,
streng, unflexibel und folglich die reinste Äusserungsform von Tugend!» Woran Dietrichs zeitweiliger Zeitreisekumpel Benedikt Ratzinger, wiewohl andersrum radikal, ein gewisses Wohlgefallen
zeigte.
Schliesslich warf es Dietrich ins Jahr 1976 zurück, direktemang in den Club «Hey» in
Zürich, damals der erste Punk/New-Wave-Schuppen der Schweiz, zeitgleich mit der Punkbewegung in London. Im Zeitraffer wurde Dietrich durch die Punkjahre gebeamt: Er musste nochmals die Nasal
Boys gründen, mit «Hot Love» die erste Punksingle und danach